Ich danke euch für all eure Mails und Fragen, die ich in den letzten Tagen ausgewertet habe.
Heute dreht sich alles rund um die Zeit vor und nach der Diagnose, sowie vor der OP.
1.) Ich habe dicke Beine, treibe viel Sport, ernähre mich gesund - Ich weiß nicht was ich tun soll.
Ganz wichtig ist, dass man nicht im Dunkeln tippen und sich selbst verrückt machen sollte - daher unbedingt erst eine fundierte Diagnose stellen lassen und dann sich gut informieren.
Mittlerweile ist das Internet voll mit guten Berichten rund um das Lipödem hier einmal eine kleine Auswahl, die mir persönlich viel geholfen hat
- Krankheit Lipödem - Lipödem Hilfe Deutschland e.V.
- Was tun bei einem Lipödem
- Geschwollene Beine und Füße - Ursache Lipödem
- Krankheitsbild und Lösungen - Das Lipödem
2.) Die Diagnose Lipödem besteht und jetzt?
Jetzt ist es ganz wichtig, die konservative Therapie in Form von manueller Lymphdrainage, Kompression, Sport und gesunder Ernährung umzusetzen. Sollte der Arzt nichts verschreiben, dann auch einfach mal konkret fordern und sich nicht einfach abspeißen lassen.
Die Behandlung ist wichtig und legt den Grundstein für alles Weitere.
3.) Das ist alles nur Lipödem, dagegen kann ich doch eh nichts machen, da brauch ich keinen Sport weiter machen und muss mich nicht mit Diäten strafen?
Grundlegend muss man sagen, dass ein Lipödem überwiegend auch von einer Adipositas (Übergewicht) begleitet wird, sodass man sehr wohl mit Sport und Ernährung etwas erreichen kann - nämlich normales Übergewicht vermeiden oder abzubauen und nicht noch zu begünstigen. Die Diagnose Lipödem ist kein Freifahrtsschein für absolute Maßlosigkeit.
Von Diäten im klassischen Sinne wie FDH, Kohlsuppendiät oder Eiweißshakes halte ich nichts - viel wichtiger ist heraus zu finden, was dem eigenen Körper gut tut und was schadet und hier bietet sich auch eine Ernährungsberatung an.
Kohlenhydrate sollte vermieden oder zumindest verringert werden, Fett und Zucker reduzieren und viel Obst und Gemüse.
Wichtig: Wer Frust schiebt und sich selbst quält wird sein Ziel nicht erreichen!
4.) Wie viele Kompressionsversorgungen stehen mir zu?
Grundlegend sind zwei Kompressionsversorgungen pro Jahr unproblematisch - eine Wechselversorgung ist wichtig, um die Kompression waschen zu können, aber dennoch die Therapie nicht abreißen zu lassen.
Sollten sich die Maße innerhalb der Zeit wesentlich verändern sind weitere Versorgungen begründet, ebenso wenn die Versorgung beschädigt ist.
5.) Wieso bekomme ich keine manuelle Lymphdrainage?
Bei einem reinen Lipödem kann es unter Umständen vorkommen, dass der Facharzt keine manuelle Lymphdrainage verschreibt, obwohl auch hier Verbesserungen damit erreicht werden können. Die betroffenen Extremitäten bleiben weich, Lymphödeme können vorgebeugt und bereits bestehende Schmerzen gelindert werden. Erörtert die Möglichkeiten genau mit eurem Facharzt.
6.) Lohnt sich ein Kompressionsgerät (Lymphapress) und wie beantrage ich das?
Ich selbst besitze selbst seit Jahren ein Lymphgerät und empfand immer, dass er mir sehr gut tat. Vorallem nach meinen sehr langen Arbeitstagen oder am Wochenende konnte ich so meine Beine entstauen - in dieser Zeit hat keine Physiotherapie offen, sodass man sich prima selbst versorgen kann - ABER es ersetzt keine vollwertige manuelle Lymphdrainage.
Euer Facharzt verschreibt euch dieses Gerät, wenn die Notwendigkeit besteht - zusammen mit dem Rezept geht ihr ins Sanitätshaus, die wiederum einen Kostenvoranschlag an die Krankenkasse sendet, ähnlich wie bei den Kompressionsversorgungen. Gegebenenfalls müsst ihr eine Begründung abgeben, wieso ihr ein Lymphgerät benötigt.
Die Kosten hier für dieses Lymphgerät trägt in der Regel die Krankenkasse. Es ist auch möglich, dass die Krankenkasse euch nur ein Leihgerät zur Verfügung stellt.
7.) Wie kam es zu Deiner Entscheidung für die Liposuktion und wie lange hat diese Entscheidung gedauert?
Bereits mit meiner Diagnose 2011 erfuhr ich auch von der operativen Variante, jedoch fiel ich erstmal in eine Art Schockstarre und musste die Diagnose sacken lassen. Danach begann ich die konservative Therapie, mit der ich mich auch nicht wahrlich anfreunden konnte. Ich weiß noch, wie ich meine Physiotherapeutin angemotzt habe, wie sehr mich all das ankotzt und dennoch bin ich zweimal wöchentlich gegangen.
Der Gedanke an die OP riss nie ab, denn meine Hoffnung danach mein "altes Leben" zurück zu haben war stets groß.
Auf dem Lipödemtag in Hannover 2014 habe ich dann erstmals viele bereits operierte Betroffene kennen gelernt und mich mit ihnen intensiv ausgetauscht und das rate ich jedem - sich wirklich persönlich mal auszutauschen - die Lipödemtage unseres Hilfevereines sind da wirklich prima geeignet für.
Hier lernte ich auch Dr. Heck kennen. Drei Monate später vereinbarte ich endlich einen Beratungstermin und ein weiteres halbes Jahr später fand dieser dann statt.
Immer nur zu hören "irgendwann kommt die Op" war endlich vorbei - nun hatte man ein konkretes Ziel vor Augen und war weitaus mehr motivierter in allen Dingen. Noch auf der Heimfahrt von Essen stand für mich fest, dass ich die Liposuktionen machen lasse - ABER die finanzielle Absicherung muss gewährleistet werden.
Es war also in der Tat ein langer Prozess sich zu überwinden einen Termin zu machen und sich endlich ein wahres ehrliches Urteil geben zu lassen mit allen Rahmendaten, wie schwere des Befundes, Kosten, Dauer, Erfolgschancen...
8.) Was muss man zum Beratungstermin außer der Chipkarte noch alles mitbringen?
Wichtig ist sich gezielt mit sich selbst auseinander zu setzen, sprich ehrlich zu sich selbst zu sein und seinen Leidensweg und all seine Krankengeschichte historisch festzuhalten. Irgendetwas hinter den Berg zu halten oder nicht wirklich ehrlich zu sein, da man ja doch irgendwo ein Genussmensch ist und gern mal isst, bringt rein gar nichts, sondern macht die Behandlung nur schwieriger und erwirkt falsche Erwartungen.
Ich habe beispielsweise in meinem Impfpass (dank Mama) eine Historie aller vorgefallenen gesundheitlichen Umstände - so sind all meine Kuraufenthalte, meine Mandelop, meine Steißabzessops, wann die erste Regel war (da ich hätte ja nie gedacht, dass man so oft danach gefragt wird) etc. notiert.
Auch sollte man sich genau sammeln und alles rund um das Lipödem notieren - wann wurde es diagnostiziert, wann begann die Problematik, wann waren die Beine das erste Mal schwer und schmerzten? Was hat man bereits selbst als Therapie versucht (Physio, Ernährung, Sport).
All diese Fragen bekommt man im Beratungsgespräch gestellt - sodass es gut ist, wenn man vorbereitet ist.
9.) Lohnt sich ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse, die zahlen doch sowieso nicht?
Ein Antrag bei der Krankenkasse lohnt sich immer, egal wie gering die Erfolgsaussichten sind. Jede noch so kleine Chance muss man einfach nutzen und vielleicht hat man Glück.
10.) Was muss ich alles für den Antrag auf Kostenübernahme der Liposuktion einreichen?
Wichtig ist vor allem erstmal das fachärztliche Gutachten, dazu ein persönlicher Antrag mit Beschreibung und Begründung, warum man die Liposuktion benötigt. Eine bildliche Dokumentation der betroffenen Körperstellen - am Besten ab der Diagnose bis zur Antragsstellung (so kann man das Voranschreiten der Krankheit dokumentieren) und sämtliche Gutachten, wie von der Physiotherapie und dem Lymphologen wo man generell in Behandlung ist. Praktisch wären auch Nachweise über sportliche Aktivitäten.
Umso mehr, umso besser.
§§
11.) Sollte ich eine Rechtschutzversicherung abschließen?
Die Frage kann und muss ich eindeutig mit Ja beantworten, denn ohne eine Rechtschutzversicherung wird der rechtliche Kampf gegen die KK nur umso schwerer. Die Kosten allein für das Widerspruchsverfahren liegen bei ca. 450 € und damit sollte man sich nicht noch zusätzlich belasten.
12.) Die Krankenkasse hat den Antrag auf Leistung (Lymphgerät, Liposuktion, Kompression,...) abgelehnt was nun?
Prinzipiell immer erstmal Widerspruch einreichen und genau darlegen, wieso weshalb warum man die beantragte Leistung benötigt. Oft entscheiden die Krankenkassen rein nach Aktenlage und lehnen prinzipiell erstmal ab.
Man sollte sich also nicht gleich mit der ersten Entscheidung zufrieden geben.
Falls auch dies keinen Erfolg hat sich zur Not einen Rechtsbeistand suchen und anwaltlich gegen die Entscheidung vorgehen.