Montag, 26. Januar 2015

Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht

Kurz nachdem die Diagnose Lipödem bei mir gestellt wurde habe ich mich intensiv mit der Thematik Schwerbehinderung beschäftigt, da mich die Krankheit ja körperlich, aber auch seelisch beeinträchtigt.

Laut einem Informationsblatt den Ödemforums, die die einzelnen Ödemkrankheiten aufgelistet und unterglieder haben, wären bei mir zwischen 60-80 GdB (Grad der Behinderung) möglich.

Also druckte ich mir den Antrag aus und sandte ihn ausgefüllt an das zuständige Versorgunsamt / Landratsamt Abteilung Schwerbehindertenrecht des jeweiligen Hauptwohnsitzes.
Nach nur wenigen Tagen erhielt ich bereits eine erste Zwischenmitteilung, wo man mich um meine Zustimmung bat die bereits ärztlich erhobenen Befunde abfragen zu dürfen.
Dann dauerte es Monate bis ich endlich eine Mitteilung bekam und mir wurden gerade einmal 20 GdB zugesprochen.  Natürlich bin ich in Widerspruch gegangen und habe auch das Informationsblatt mit eingereicht, aber es blieb bei gerade einmal 20 GdB.

Und 20 GdB sind eigentlich nichts, denn erst ab 30 GdB kann man einen Antrag auf Gleichstellung stellen, den ich unbedingt gebraucht habe.
In den einzelnen Selbsthilfegruppen und Foren im Internet fand ich, dass ich nicht die Einzige bin, der es so erging. Viele bekamen 30 GdB und mehr nur, weil sie andere schwerwiegende Erkrankungen zusätzlich hatten.
Das wiederum macht deutlich, dass das Lipödem allein keine ausreichend anerkannte Schwerbehinderung darstellt, obwohl die körperliche Beweglichkeit teils stark eingeschränkt ist.


Als ich Anfang 2014 erneut an einem Steißabzess erkrankte habe ich einen Verschlechterungsantrag gestellt. 
Erst jetzt und nur dadurch erhielt ich die Anerkennung 30 GdB. Man muss dazusagen, dass ich bereits 2006 unter einem Steißabzess litt und seit dem immer wieder mal Probleme hatte, aber es darüber keine ärztliche Dokumentation gab, weil ich über die Jahre selbst mir zu helfen wusste.
Dies war zwar eine Entlastung für meine Hausärztin, brachte mir aber wahrlich im Antragsverfahren keinerlei Punkte.

Ob man selbst einen Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht stellt oder nicht obliegt jedem selbst. Die Anerkennung der Krankheit als Schwerbehinderung sollte jedoch im Vordergrund stehen. Zusätzliche Erleichterungen wie Steuervergünstigungen sind da nur ein positiver Nebeneffekt.

Für mich war die Anerkennung als Schwerbehinderung vor allem auch aus beruflichen Gründen wichtig, denn ich wollte meine berufliche Laufbahn beim Zoll einschlagen.

Neben einem mündlichen und schriftlichen Auswahlverfahren musste man sich auch einer amtärztlichen Untersuchung stellen, vor der es mir aber am meisten graute.
Es kam wie es kommen musste - die Bescheinigung des Amtsarztes lautet "Nicht geeignet". Dabei wurde mir deutlich gemacht, dass ich nur bei 30 GdB die Eignung von dem Amtsarzt erhalten würde, da man sonst mein Lipödem als "normales" Übergewicht werten wird. Der Amtsarzt sitzt witzigerweise auch beim zuständigen Landratsamt :/

Der Zoll war darüber not amused, da ich mich in den beiden vorangegangen Auswahltests sehr gut bewiesen habe. Man gab mir eine Fristverlängerung, trotz der Bescheinigung "Nicht geeignet", in der Hoffnung, dass das Widerspruchsverfahren bis dahin positiv für mich ausfallen würde. Aber selbst das brachte das Versorgungsamt nicht dazu, seine Entscheidung zu überdenken.
Mein Wunsch beim Zoll zu arbeiten zerplatzte wie eine Seifenblase. Das war für mich richtig enttäuschend, zumal ich für diese Erkrankung nichts kann und man auch so schon genug darunter leidet...

Nun knapp 2 Jahre nach dem Auswahlverfahren habe ich rückwirkend, "dank der Steißerkrankung", den Zuspruch von 30 GdB erhalten. Nur nützt mir das für meine Zolllaufbahn nichts mehr :(
Den Antrag auf Gleichstellung habe ich dennoch gestellt.

Ich kann allen, die einen Antrag nach dem Schwerbehindertenrecht gestellt und "abgewiesen" wurden sind, nur raten beim Widerspruchsverfahren persönlich auch mal vorzusprechen, vor allem, wenn, wie bei mir so viel mehr dran hängt. Ich habe es damals nicht gemacht und habe alles nur schriftlich oder via Telefon abgewickelt und der Sachbearbeiter hat rein nach Aktenlage entschieden, aber das persönliche Leid nicht gesehen.

Dazu muss man sagen, dass das Antragsverfahren Monate dauert. Meinen Verschlechterungsantrag habe ich im August 2014 eingereicht und erst jetzt im Januar 2015 nach zweimaliger Nachfrage die Entscheidung erhalten.
Die Amtsmühlen mahlen eben langsam...