So sehr ich mich über meine gewonnene
Gerichtsverhandlung gefreut habe, so sehr bin ich doch erschrocken was
teilweise für Nachrichten bei mir einflattern.
In meinem Beitrag zur endgültig gewonnen Gerichtsverhandlung hatte ich geschrieben, dass
ich das Urteil nur unter gewissen Voraussetzungen – also Schwärzen
aller wesentlichen personenbezogenen Daten - veröffentlichen darf und
dies einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Die Anweisung
kommt u.a. von meiner Anwältin und ist auch berechtigt. Man kann nicht
einfach alles im Internet veröffentlichen, wie es einem passt, da einen
selbst rechtliche Konsequenzen drohen. So sind auch Anschreiben der KK
„persönliche Schreiben“, die, wenn man es
streng nimmt, nicht veröffentlicht werden dürfen ohne die Zustimmung
des Verfassers. Durch meinen Blog haben tausende weltweit Zugriff auf
diese Daten, sodass eben eine Veröffentlichung nicht einfach mal so
schnell erfolgen kann.
Vielen ging das aber nicht schnell genug und man
wollte das Gerichtsurteil und zwar sofort und am liebsten solle ich es
ihnen privat per Email schicken oder doch besser abfotografieren und via
Whatsapp weiterleiten, sie können mit dem Aktenzeichen
schließlich nichts anfangen…
Die Dreistigkeit scheint teilweise keine Grenzen zu kennen.
Und daher sage ich es gern nochmal – ich mache all
das hier freiwillig, ehrenamtlich und ohne Geld. Es ist meine Freizeit
die ich dafür investiere, um für viele zu kämpfen und es macht mich
unendlich traurig und wütend, dass viele einfach
nur verlangen und mir dann Sätze schreiben wie „Boar jetzt hab Dich
nicht so!“ Menschen, die nur für sich selber kämpfen, um ihren eigenen
Arsch an die Wand zu kriegen, aber denen es egal ist, was mit anderen
ist, die noch dumme Kommentare unter besorgte Postings
anderer schreiben oder die sich eben nur dann zucken, wenn sie für sich
und ihren eigenen Vorteil etwas abzapfen können.
Ich erinnere mich noch an meinen eigenen Aufruf, wo ich Eure Unterstützung gebraucht habe - viele haben ja eine Kostenübernahme durch ihre Krankenkasse - und um Eure Kostenübernahmen gebeten habe, damit ich diese als weiteres Argument in der Gerichtsverhandlung anbringen kann.
Nur eine einzelne liebe Lipödempatientin hat mir ihr Schreiben zur Verfügung gestellt, eine einzige...
Nur eine einzelne liebe Lipödempatientin hat mir ihr Schreiben zur Verfügung gestellt, eine einzige...
Vielleicht bin ich auch anders und habe ein überhöhtes Helfersyndrom, aber auch das hat Grenzen. So auch bei der Tatsache, dass mich ständig Emails erreichen mit den Worten „Ich habe Deinen Blog gelesen…“ und im nächsten Satz
„Kannst Du mir mal das Aktenzeichen geben?“ „Was muss ich bei der
Beantragung der Liposuktion beachten?“ „Was hat Deine Liposuktion
gekostet“ „Bei welchem Arzt?“…also wenn man meinen Blog liest findet
man auf all diese Fragen auch die entsprechenden Antworten. Sicherlich muss man sich hier und da etwas durchklicken, aber man findet relativ einfach die wesentlichsten Beiträge.
Ebenso
bietet mein Profil bei limipi umfangreiche Antworten auf die
wesentlichsten Fragen, man muss sich eben einfach mal etwas bemühen.
Ich hab mich schon oft bei den Videos von Steffi
amüsiert, wie informativ sie alles zusammen packt und sie dennoch hundert Mal dieselben Fragen gestellt bekommt. Man fragt sich ob die
Menschen richtig zuhören bzw. lesen können. In ihren
Live-Blogging Aktionen auf Facebook, die ich stets aus Interesse
verfolgte, kamen die Fragen immer und immer wieder in EINEM Video…*oh man*
Es ist nicht das Problem offene Fragen zu
beantworten, sondern die Tatsache, dass man all das schon hundert Mal
gemacht hat, aber jeder offensichtlich eine eigene Beratung braucht und
möchte, aber dies ist logistisch einfach nicht möglich.
Man kann nicht jeden einzeln beraten, zum einen weil wir keine
Fachärzte, Anwälte oder Gutachter sind und auch aus zeitlichen und
rechtlichen Gründen dies total den Rahmen sprengt.
Und wenn wir gerade dabei sind mal gewissen Dingen Luft zu machen hier noch ein anderes Problem, was mich zur Zeit echt frustriert:
Eine mutige Lipödempatientin hat eine, wie ich
finde, wunderbare Idee gehabt eine Menschenkette entstehen zu lassen.
Seit dem die Idee bekannt ist sind es nicht mal 100 Personen die an der
Veranstaltung am 01.10.2016 in Essen teilnehmen…ganz
ehrlich? Es ist erbärmlich und ihr müsst euch alle nicht wundern, wenn
sich in Sachen Lipödem nicht viel tut. Von nichts kommt nichts und es
wird sich nie groß positiv etwas verändern, wenn man nicht seine Stimme
erhebt. Wenn nicht „gemeckert“ wird, geht man
davon aus alles ist ok und man müsse nichts ändern.
Die die Teilnehmen sind wieder die, die sich immer
und jedes Mal engagieren, der übliche „harte Kern“, wie man so schön
sagt, die meisten sind alles Mitglieder des Lipödem Hilfe Deutschland
e.V.
Dies und die vielen unzähligen Emails, die wie
gesagt oft einfach nur fordernd und dreist waren, haben mich dazu
veranlasst, das Urteil über meine Gerichtsverhandlung NICHT auf meinem
Blog zu veröffentlichen. Ich habe es bereits an meinen
Lipödem Hilfe Deutschland e.V. übersandt und es wird nur
Vereinsmitgliedern weiter gegeben, die es in ihrem Kampf benötigen.
Trotz Millionen betroffener Frauen sind nur ein ganz geringer Teil davon
Mitglied in unserem Verein. Der Verein, der mir von Anfang
an zur Seite stand und der für Euch ALLE schon so viel erreicht hat und
immer weiter kämpft.
Wo ist das Problem, dass jeder der Lipödem hat und
Hilfe braucht da Mitglied wird?! Wo? An den 24 € Jahresbeitrag? Ich
bitte Euch, das sind 2 € im Monat…Selbst als ich Azubi war und wir
wissen alle das Azubis nicht gerade an Reichtum
sterben, habe ich mir das geleistet, weil mir klar war, dass ich diese
Hilfe und Unterstützung brauche.
Umso größer der Verein, umso stärker ist unsere
Stimme auch in der Politik. Wir haben es als Hilfeverein sogar
geschafft, dass unsere drei aus unserem Hilfeverein im Beratungsausschuss
des GBA sitzen und mit über die Frage ob die Liposuktion
Kassenleistung wird oder nicht diskutieren und beraten – auf diese
Entscheidung warten wir alle seit Jahren und ihr alle bezieht euch in
euren Emails, die ihr mir schreibt, darauf.
Die Reaktionen auf meine Mails mit der Absage und
den Verweis auf den Verein kann man sich vorstellen „Boar hab Dich nicht
so!“ „Ist das jetzt Dein ernst, wie assi bist Du denn!“…ja das bestärkt
mein Denken und meine Entscheidung. Jenen
Damen wünsche ich viel Erfolg bei ihrem Kampf. Ich leiste genug und mir
ist wichtig das jene, die seit Jahren ebenso hart für alle kämpfen,
Vereinsmitglied sind, nun auch mal entscheidende Vorteile haben.
Bitte vergesst nicht, dass das Lipödem auch nach
vollzogener Liposuktion immer einen gewissen Bestand in euren Leben hat,
sei es, weil ihr aus der jahrelangen Nichtbehandlung des Lipödems ein
sekundäres Lymphödem habt, sei es, dass ihr
Kinder bekommen wollt und diese ja ebenso Betroffen sein können, sei
es, weil Freunde, Bekannte oder Verwandte betroffen sind.
Sicherlich schließt man persönlich irgendwann das
Kapitel „Kampf gegen das eigene Lipödem“, aber es ist ein Teil von uns,
der uns geprägt und verändert hat.
An dieser Stelle danke ich all jenen die mir immer offen und freundlich gegenüber stehen, jenen, denen ich mit meinen Beiträgen Mut mache nicht aufzugeben und auch einen Halt gebe, mit der Krankheit nicht allein zu sein.
Zum Glück überwiegen die lieben positiven Emails, aber für mich war das Maß jetzt einfach voll und ich musste mir mal Luft machen.
Ich wünsche mir, dass wir alle mehr zusammen halten und gemeinsam kämpfen.
Eure Anja