Sonntag, 15. November 2015

Buchvorstellung: Das Mädchen aus der 1. Reihe

Das waren sie...die letzten Seiten, die letzten Zeilen. Ich spüre noch immer dieses wohlige Gefühl in mir, ein rausch von Gefühlen. Ich wische mir die Tränen, die über meine Wange rollen, sanft weg und versuche meine Gedanken irgendwie fassen zu können.

"Das Mädchen aus der 1. Reihe" von Jana Crämer...es gibt wenige Bücher, die mich so berühren, mit denen ich mich so verbunden fühle, dass ich noch Tage nachdem ich sie ausgelesen habe darüber nachdenke. Es ist, als ob ich aus meinem Tagebuch lese, meine Schulzeit und all das nochmal erlebe.
Die unzähligen Grübeleien die Lea tagtäglich durchlebt hätten meine Gedanken damals nicht besser beschreiben können.


Die Geschichte ist so einfach, wie bitterlich real: Lea fühlt sich in ihrem Körper unwohl, hat große Selbstzweifel, aber zum Glück eine wundervolle beste Freundin namens Jule an ihrer Seite. Beide Mädels, sie könnten unterschiedlicher nicht sein, stehen kurz vor ihrem Abitur und lernen eines Abends eine Band kennen - Joyning. Sie eifern dieser als absolute Fans nach und spielen bald dabei eine wesentliche Rolle.

Als Leser erhält man Einblick in den Kampf den Lea mit sich selbst austrägt, ihre Selbstzweifel über ihren nicht perfekten Körper, aber vorallem in einer viel zu selten thematisierten Krankheit: Fresssucht (Binge Eating).
Fresssucht ist psychisch bedingt, was viele nicht wissen. Mit Hilfe von Essen wird eine innere Leere und Einsamkeit gefüllt und die bestehenden Probleme kompensiert. Unkontrolliert wird alles in sich rein gefressen bis man diese Leere, diesen, vorallem seelischen Schmerz nicht mehr spürt.
Es dauert nicht lange und dann kommt das schlechte Gewissen und die Schuldgefühle versagt zu haben, schwach zu sein. Ich selbst habe all meine Probleme jahrelang auch auf diese Art kompensiert, meine "Fressorgien" wie Lea ausführlich geplant, um für einen kleinen Augenblick all das zu vergessen, was man mir mit Hänseleien und Mobbing angetan hat, bis ich diese Energie irgendwann in Sport investierte und nicht mehr in Essen.
Ich habe zwischendurch immer wieder hart gekämpft die sinnlosen Kilos wieder los zu werden. Ich spreche leider aus Erfahrung, weshalb mich dieses Buch so mitgerissen hat.
Zwischenzeitlich konnten die Konzertbesuche ihrer Lieblingsband dieses "befriedigende" Gefühl ebenso auslösen.

"Auf Konzerten kann man alles um sich herum vergessen. All die Sorgen und Ängste, die einen die ganze Woche begleiten, sind vor der Bühne wie ausgelöscht.

Auch ich fand meine Passion schnell in der Musik. In ihr fand ich den Trost und Halt, den mir sonst keiner geben konnte. Seit meinem ersten Konzert, wo wir ganz hinten standen schwor ich mir zukünftig immer in der ersten Reihe zu stehen "weil hinten alles voll ist".
Ab meinem 17 Lebensjahr besuchte ich dann regelmäßig Konzerte und stand dabei meist in der ersten Reihe. Ich war in den letzten fünf Jahren auf über 30 Konzerten und genau wie Lea sind es diese Momente in denen ich alles vergessen kann, die mich aufbauen, mir neunen Antrieb geben und von denen ich noch wochenlang Kraft ziehe.

Ich freue mich für Lea die mit Jule eine so wundervolle Freundin hat und dennoch verspüre ich einen kleinen Stich, denn so einen Rückhalt in Form einer so guten Freundin hatte ich nicht. Die einzige Freundin die ich jahrelang als meine beste Freundin hielt hat mich nur benutzt, um sich neben mir besser zu fühlen. Sie hat sich nie für mich stark gemacht, sondern meine Schwäche für ihren Glanz genutzt. Leider habe ich Jahre gebraucht, bevor ich dies erkannte.
Eine Freundin wie Jule kann man sich nur wünschen.

Die unberschreibliche Verliebtheit und das Verzehren (wie Lea es gern ausdrückt) nach den einem Mann lässt einen schnell an die eigene Jugendliebe denken, an die Zeit, wo man das erste mal so richtig bewusst verliebt war, für jemanden so geschwärmt hat, dass man Nächtelang wach lag, jede Bewegung, jeden Blick genau studierte, Nachrichten hundert Mal las und versuchte zu deuten. Die Hoffnung, das Kribbeln, das Fliegen...ja wie vermisse ich diese jugendliche Leichtigkeit.

Jana schafft es mit ihrem Debüt Roman "Das Mädchen aus der ersten Reihe" einen sofort in ihren Bann zu ziehen. Sie erzählt von einer wundervollen Freundschaft und der ersten Liebe und all den Wirren, den Selbstzweifel, die ein junges Mädchen hat. Unverblümt und schonungslos ehrlich, aber auf alle Fälle lesenswert!
Ich kann euch das Buch nur sehr ans Herz legen und finde, dass dies in keinem gut sortierten Bücherregal fehlen darf. Vielen Dank liebe Jana für dieses wundervolle Buch!


Ich hatte die Möglichkeit Jana und Batomae zu interviewn - ihr dürft also gespannt sein. Die Wartezeit könnt ihr euch mit dem Buch und mit den wundervollen Songs von Batomae ja versüßen, denn es gibt zu dem Buch einen wundervollen Titelsong, der mich wahnsinnig zu Tränen gerührt hat, weil er so ehrlich und wahrhaftig ist. :)