Donnerstag, 12. Oktober 2017

Ich bin wieder hier

Mit einer kurzen Mail holte mich Bernd wieder zurück ins Bloggerleben:

"ich wollte nur schnell fragen, ob der Blog noch aktiv ist und ob du noch 
schreibst?"


Sofort antwortete ich selbst mit Ja, na klar schreibe ich noch, aber schreib ich wirklich noch? Habe ich als "Blogger" eine Verpflichtung wann und wie oft ich Beiträge schreibe? Eigentlich nicht. Ich habe immer mit der Prämisse geschrieben, dass mir das Projekt "Mein Lipödem und ich" Spaß macht und ich mit meiner ganzen Person dahinter stehe.  Und das ist immer noch so.
Schon lange hatte ich es mir wieder vorgenommen zu schreiben und Euch von all den Dingen zu berichten, aber die Prioritäten haben sich mit Geburt von Lotte deutlich verschoben. 
Am meisten merkt man es u,a. beim Einkaufen. Seit ich wusste, dass ich schwanger bin habe ich ab dem Moment fast nur noch für meine Tochter eingekauft.
Früher habe ich meine Eltern nie verstanden, warum sie bereitwillig auf ihre Wünsche verzichten, aber uns jeden Wunsch soweit es geht erfüllen. Tja, jetzt weiß ich es - einfach aus Liebe. 
Man selbst rückt mit sich und seinen Wünschen und Bedürfnissen in den Hintergrund und man macht es gern. 

Morgen wird Lotte tatsächlich schon 5 Monate und es fühlt sich zum einen wie eine Ewigkeit an, im Sinne von, dass ich Lotte nicht erst 5 Monate habe, sondern viel viel länger, als ob es nie anders war. Zum anderen verging die Zeit so schnell, dass ich mir wünsche die Zeit würde für einen Moment still stehen und man könnte den Moment mehr genießen. 

Ich will auch gar nicht groß herum reden, denn es ist wie es ist, das Schreiben ist einfach ganz nach hinten gerutscht und es ist auch gut so, denn ich war da - da für Lotte, die mich so sehr brauchte.

Aber wie waren denn die letzten Monate? Hier ein kurzer Rückblick:


Nachdem wir die ersten Tage zu Hause waren entwickelte sich Lotte zu einem echten Schreibaby und es verging kaum ein Tag wo sie nicht 4 bis 6 Stunden teilweise auch mal bis zu 8 Stunden am Stück schrie und brüllte. Alle Beruhigungsversuche und Tipps schienen nichts zu bringen und so versuchte ich einfach jeden Tag aufs neue zu meistern. Lotte hat kein leises süßes Stimmchen, wie die meisten Babys die ich bis dato kannte, nein, sie hat ein richtig lautes Organ.
Ich vermied es Lotte groß aus ihrer gewohnten Umgebung heraus zu reißen, auch weil es einen immer in leichte Panik versetzte, wenn die Sirene, wie wir es nannten los ging.

Ich habe nie verstanden, warum in allen Ratgebern ganz groß stand "Schütteln Sie niemals ihr Kind." War es einem doch vollkommen logisch, so etwas nicht zu tun. 
Nach den ersten Tagen konnte ich all das so gut nachvollziehen, denn es treibt einen in den Wahnsinn. Dazu der permanente Schlafmangel und die Umstellung seines Lebens.
Oft weinte ich mit Lotte einfach mit, weil ich völlig am Ende war. Am Ende meiner Kräfte, meiner Nerven und voller Heul-Hormone.

Meine Eltern waren und sind in der ganzen Zeit, wie immer in meinem Leben, eine große Stütze. Auch meine lieben Freunde, insbesondere meine Jana, die mich regelmäßig aus dem neuen Alltag holte und einfach mal für 1-2 Stunden mit mir was trinken oder in Ruhe was Essen ging, haben mich immer wieder aufgebaut, wenn ich einfach nicht mehr konnte. 
Aber, man möchte keinen einzigen Moment davon mehr missen.

In den Zeiten wo etwas Ruhe war, habe ich nur telefoniert, Behördengänge erledigt und alles andere was anfiel und dennoch blieb viel auf der Strecke.
In Leipzig einen Kitaplatz zu bekommen ist fast genauso aussichtslos, wie einen Kinderarzt zu finden. 
Wir hatten mit dem ersten Kinderarzt auch leider so richtig in die schei*** gegriffen, anders kann man es nicht sagen. Mehr als 20 Praxen hatte ich abtelefoniert und keiner wollte uns aufnehmen, geschweige denn uns wenigstens eine Zweitmeinung geben.
Er hielt uns immer wieder vor, dass Lotte zu dick sei, dabei hatte sie keine einzige Speckrolle und trank sowieso weit aus weniger als empfohlen wurde. Des Weiteren war sie mit knapp 4 Monaten noch nicht einmal geimpft, was auch bei der Frühchen Sprechstunde im St. Georg Klinikum, wo ich entbunden hatte, alles andere als positiv aufgefasst wurde - eben weil Frühchen ein höheres Risiko haben. Die Behandlung des Schlüsselbeinbruches empfand er ebenso als unnötig, denn es würde ja alles selbst zusammen wachsen. Die Krönung war aber das Verschreiben einer speziellen laktosefreien Nahrung ohne Anhaltspunkte auf eine Unverträglichkeit.

Mittlerweile haben wir einen neuen Kinderarzt, der mit ganzem Herzen bei der Sache ist, gefunden. Er ist bereits über 70 und ich finde das macht auch nochmal die Lage deutlich, aber er ist eine große Bereicherung für uns und für Lotte.

Das Schreien hörte übrigens, wie die meisten immer schon sagten, nach knapp 3,5 Monaten einfach auf und wir haben nun ein unendlich freundliches liebes Kind, was viel lacht und auch gegenüber neuen Menschen und Dingen immer aufgeschlossen und interessiert ist.


Und sei das natürlich nicht schon Aufgabe genug, begann Anfang August mein zweites Studienjahr, sodass ich auch hier wieder regelmäßig die Schulbank drücke und pauken muss.


Ab heute aber geht das regelmäßige bloggen wieder los. Ich habe einiges zu berichten - so beispielsweise die Thematik Verhütung, Kooperationen und auch Treffen der Selbsthilfegruppe.
Euer Lesehunger wird also nun wieder regelmäßig gestillt.

Alles Liebe,
Eure Anja