Dienstag, 2. Mai 2017

Schwangerschaftsupdate - es ist nicht alles schön was glänzt

Ich habe mich wirklich lange hier nicht mehr gemeldet und das hatte wirklich viele Gründe, die ich Euch heute erstmal näher bringen möchte.

Der größte und bedeutende Grund ist die Tatsache, dass meine Schwangerschaft einfach nicht so schön verläuft, wie man sich das selbst und anderen wünschen würde. Ich habe darum ja nie ein Geheimnis gemacht, aber irgendwann kam ich an den Punkt wo ich einfach nicht mehr schreiben wollte. Immer wieder wird man gefragt wie es einen geht und immer wieder fängt man an es zu erklären und dadurch wurde ich immer wieder aufs neue "runter gezogen", dabei soll man ja positiv denken.

Zum anderen dachte ich mir, dass das sicher auch keiner lesen mag und sicherlich einige auch beängstigen wird. Ich selbst habe immer wieder mal "gegooglt" mich mit anderen ausgetauscht und es hat alles mit mir gemacht, nur nicht meine Sorgen gemindert.

Als ich Ostern wundervollen Besuch von meiner ehemaligen Klassenkameradin Maria und ihrem Freund bekam, war ihr Freund der treibende Punkt, warum ich wieder ernsthaft in Betracht zog zu bloggen. Er ist Sportjournalist und als wir uns unterhielten und ich ihm davon berichtet habe warum ich nicht schreibe, meinte er, dass gerade das doch die Menschen lesen wollen - die Wahrheit, das echte Leben und auch die Tatsache, das eben nicht alles schön ist was glänzt.

Er hat mich richtig ermutigt, also wollte ich wieder so richtig in die Tasten hauen. Danke Martin ;)

Aufgrund meiner gesundheitlichen Situation ist das mit den "in die Tasten hauen" leider nicht ganz so einfach, denn seit mehreren Wochen habe ich so starke Wassereinlagerungen, dass meine Hände dauerhaft taub sind und ich nur schwer ein Gefühl in den Händen habe. Das erschwert enorm meinen Alltag, sodass ich mir das Autofahren nur noch bis zur Uniklinik zu traue, so gut wie gar nichts mehr schreibe bzw, Stunden oder Tage für diese Zeilen hier brauche, Handy und PC meide, Flaschen nicht aufbekomme und ja auch meine geliebte Fellnase nur noch bedingt halten kann.

Mir fehlt beispielsweise auch dadurch die Kraft meine Kompression anzuziehen, sodass ich nur noch die Kniestrümpfe trage und hier schon große Mühe habe sie anzubekommen - aber die Hose...no way.
Beim Ausziehen brauche ich dann stets Hilfe, nicht nur, weil ich nicht mehr runter komme, sondern eben auch weil jegliche Kraft weg ist.
Nachts kann ich kaum bis gar nicht schlafen, da eben auch hier ständig die Hände und teilweise die ganzen Arme einschlafen :/ so viel zum Thema schlaf um dein Leben vor der Geburt...

Dies ist nur ein großes Problem, was in den letzten Wochen meine Schwangerschaft "bereichert" hat.

Leider kamen bereits im März größere Probleme in Form von bakteriellen Infekten hinzu, die, wie später heraus kam, aufgrund vom Schwangerschaftsdiabetes und zu hohen Zuckergehalt im Urin ausgelöst wurden. In allen Lagen hatte ich furchtbare Schmerzen im Intimbereich und egal was ich an Medikamenten einnahm es wurde nicht besser. Knapp eine Woche später zeigte sich in der ISB (intensiv Schwangeren Betreuung) in der Uniklinik, dass ich eine wahnsinnig hohe Konzentration an Zucker im Urin habe, worauf hin der Test auf Schwangerschaftsdiabetes wiederholt wurde der Ende Januar negativ ausfiel.
Dieser fiel diesmal sooooo exorbitant schlecht aus, dass ich noch bei meiner Frauenärztin einen wahnsinnigen Heulkrampf bekam. Ich war zu dem Zeitpunkt einfach nervlich völlig am Ende, da die Schwangerschaft für mich immer mehr zu einer Tortur wurde. Meine Frauenärztin hat mich dann erstmal wieder aufgebaut und sich in der Praxis wirklich viel Zeit genommen, worüber ich unglaublich dankbar bin. Generell, bin ich so froh zu ihr in die Praxis gewechselt zu sein, denn ich werde dort von allen so unglaublich gut betreut und liebevoll behandelt. 

Das Lächeln zum Wochenwechsel fiel mir an dem Tag daher sehr schwer

Die Werte waren so schlecht, dass ich nicht ums Insulinspritzen herum gekommen bin. Neben den regelmäßigen Kontrollen durch die Frauenärztin und der ISB der Uniklinik musste ich nun fast täglich in die Diabetologie der Uniklinik, denn es ging darum mich schnellst und so gut wie möglich auf Insulin einzustellen, denn meine Tochter hat bereits sichtbar darunter gelitten - durch den enorm hohen Blutzucker ist unser Mädchen in meinem Bauch förmlich explodiert in Bezug auf Gewicht und Größe. Sie war zu dem Zeitpunkt knapp 4-5 Wochen in der Entwicklung voraus, nur entwickeln sich die Organe nicht so schnell, wie der Rest "geschossen" ist.


Auch in den schlimmsten Dingen etwas positives sehen - ein Herz gestochen
Der Blutzucker war nüchtern hier bei 7,2 

Ich spritze mittlerweile dreimal täglich zu den Mahlzeiten und einmal nachts ein Langzeitinsulin. Dazu kommt, dass ich enorm die Ernährung umstellen und anpassen musste, d.h. Zucker in allen Varianten meiden.

Es ist ja nicht so, dass ich vorher sehr zuckerhaltig gelebt habe - Schokolade konnte ich während der Schwangerschaft sowieso nicht genießen, da mir schon bei dem Gedanken daran schlecht wurde - aber der sonntägliche Saft zum Frühstück, Brötchen, Brot, Nudeln und eben auch mein Naturjoghurt mit frischen Obst musste gestrichen werden. So kann ich nur Knäckebrot und Reiswaffeln mit mageren Aufschnitt, Wildreis mit Fisch, viel Gemüse und ein wenig Fleisch essen. Um satt zu werden. esse ich dann auch gern Skyr, der hat tatsächlich weniger Zucker als Naturjoghurt und Magerquark (der von Lidl). Mittags darf ich mir hin und wieder eine ganz kleine Portion Obst gönnen.

Das größte Problem ist eher die Tatsache, dass man nicht so viel auf einmal essen kann, da einfach durch das Kind nicht so viel Platz im Magen ist um über die Zeit zu kommen. Es heißt ja nicht umsonst 5 kleine Mahlzeiten...aber dadurch dass ich nur drei Mahlzeiten nun zu mir nehmen darf war das am Anfang das schwierigste für mich. Generell ist das Thema Essen nun viel präsenter, da man ständig am Studieren ist, wie viel Zucker ist enthalten, kann ich das essen, aber auch "Boar ich hätte mal wieder soooo Lust auf..."

Erschreckt habe ich mich dennoch, wie viel Zucker in den ganzen Lebensmitteln ist, die wir so zu uns nehmen und dass dieser oft versteckt und "unsichtbar" ist. Es ist daher kein Wunder, wenn immer mehr junge Menschen an Diabetes erkranken bei all dem süßen "Schund" den wir in uns stopfen, der uns als vermeintlich "gesund" vermittelt wird.

Mit dem Schwangerschaftsdiabetes bin ich mittlerweile ganz gut im Umgang, sodass sich auch unser kleines Mädchen gut erholt hat. Klar, sie ist immer noch deutlich größer, sodass man spätestens in der 38. Schwangerschaftswoche plant die Geburt einzuleiten, wenn Madame sich nicht schon vorher von allein auf den Weg macht.

Denn eins darf man nicht vergessen - durch Schwangerschaftsdiabetes besteht ein erhöhtes Risiko für plötzlichen Kindstod noch im Mutterleib.
Diese Tatsache und die damit in mir aufkeimenden Sorgen, die bislang sowieso nicht gerade wenig bei mir waren, haben mich sehr fertig gemacht, sodass ich mich sehr zurück gezogen und fast schon isoliert habe.
Kurz darauf habe ich von dem schlimmen Schicksal um Corinna gelesen und ich weiß noch, dass ich den ganzen Tag immer wieder in Tränen ausgebrochen bin, weil es mich so innerlich zerfressen hat, da man mich in der Aufklärung zum Schwangerschaftsdiabetes auch darauf vorbereitet hat.

Nachts in der Uniklinik - plötzlich keine Kindsbewegungen mehr spürbar gewesen
Schwangerschaftswoche 33+4 

Und dann sagen immer alle "Denk positiv, alles wird gut"

Ja, wie soll man bei all dem positiv denken? Und um genau all das nicht hören und lesen zu wollen, habe ich nicht mehr geschrieben. Ich wollte einfach nur noch für mich sein, mich nicht immer wieder dem "Jammern" hingeben, zumindest hat man ja das Gefühl man jammert, wenn man es immer wieder erzählt.

Das schlimmste ist nämlich, dass ich mich zu allem immer und überall ständig erklären muss - erklären, dass ich so viel wiege und was überhaupt Lipödem ist. 
Eine Ärztin sagte mir vor wenigen Wochen doch tatsächlich ins Gesicht "Haben Sie es mal mit Abnehmen versucht, das soll helfen!" Ich war so perplex, dass ich kein Wort sagen konnte, Es hat mich so unglaublich wütend gemacht, zumal es eine private Leistung war in Form eines 3D-Ultraschalls den ich meinem Freund geschenkt hatte. Zudem ist eine Diät in der Schwangerschaft alles andere als eine gute Idee. 
Aber auch in der Uniklinik wo ständig in der ISB Sprechstunde andere Ärzte sind fängt man jedes mal von vorn an zu erklären wieso weshalb warum. Ja, man muss sich richtig rechtfertigen.

Und wo wir gerade beim rechtfertigen sind:
Natürlich bin ich dankbar schwanger zu sein und das Glück zu haben einen kleinen Menschen in mir heranwachsen spüren zu können und überhaupt ist es ein Wunder, dass wir unter allen Umständen und Prognosen soweit gekommen sind - aber Ich hätte gern vorher noch alles bezüglich meines Lipödems abgeschlossen, meinen Weg beendet, mehr Gewicht reduziert und mich gesundheitlich gern erstmal fest gesattelt, aber das Leben hatte eben einen anderen Plan für mich. Aber ich bin mir dennoch sehr sicher, es wäre alles besser, einfacher und leichter, wenn ich nicht unter diesen Umständen schwanger geworden wäre. Daher hoffe ich, ihr versteht was ich damit sagen will.

Da es sicherlich sehr viele interessiert, wie viel ich mittlerweile wiege hier nun ein paar Zahlen ;)
Vor der Schwangerschaft hatte ich 114 kg und einen Bauchumfang von knappt 112cm, die ich seit der Zeit vor den Liposuktionen konstant gehalten habe. Mittlerweile habe 129,1 kg also knapp 15kg zugenommen und einen Bauchumfang von 144.7cm.
Am Anfang hatte ich richtig Panik, aber mittlerweile bin ich mehr als entspannt was das angeht, da ich ja keinerlei Sport machen darf/soll und mit dem Hund aufgrund der Umstände nur max. 30 Minuten spazieren kann. Mir juckt es richtig im Poppes nach der Geburt dann los sporteln zu können und ich habe bereits wieder ein festes Ziel vor Augen - den Frauenlauf im kommenden Jahr :)

24, Schwangerschaftswoche vs. 34. Schwangerschaftswoche

Bezüglich des Lipödems kann ich keinerlei Verschlechterung feststellen, zumindest habe ich nirgends die lipödemtypischen Schmerzen. Das einzige was wirklich gravierend ist, ist das viele Wasser, was so schlimm ist, dass die Kompression es nicht aufhalten kann, d.h. trotz Kompri ist das Wasser in den Füßen und auch an den Unterschenkeln deutlich zu sehen und schmerzhaft zu spüren.
Mein Facharzt hat mich letzte Woche diesbezüglich aber schon beruhigt und ist sehr optimistisch, dass das nach der Geburt sich schnell von selbst wieder reguliert. 

Die Beule unterm Knie ist deutlich
erkennbar, sowie die dicken Panda-Füße und die prallen Oberschenkel

Ich hoffe für mich generell, dass ich nach der Schwangerschaft all meine Probleme wieder los werde und sie wirklich rein schwangerschaftsbedingt waren. Der hohe Blutdruck, die missfunktionierende Schilddrüse, die Schmerzen in der Symphyse, die tauben Hände, der kack Diabetes, das viele Wasser...


Ich hoffe ich habe niemanden jetzt mit dem Beitrag verängstigt.

Sicherlich ist meine Schwangerschaft ein extrem und sehr sehr viele haben das Glück von all dem verschont zu sein bzw. wenn nur eine "Last" zu tragen, während ich bei allem wieder fleißig "HIER HIER HIER" geschrien habe, aber es zeigt auch, dass man von einem Scheiß in den nächsten rutschen kann.

Danke für Eure Geduld, die nächsten Beiträge werden sicherlich wieder positiver :)